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„Das wollte ich doch schon längst erledigt haben, aber…“

Angenommen Du kannst Dich aus gesundheitlichen Gründen, z. B. durch einen schweren Unfall oder eine Krankheit, vorübergehend oder auf Dauer nicht mehr selbst um deine Angelegenheiten kümmern. Dann muss eine außenstehende Person die folgenden Aufgaben für Dich regeln und organisieren.


Diese 4 Bereiche sind in Notfall-Situationen betroffen:


Gesundheit

  • Einwilligung, Ablehnung von ambulanten und stationären Behandlungen
  • Einsicht in die Krankenakte
  • Gespräche mit Ärzten und Pflegepersonal
  • Einwilligung in sogenannte "ärztliche Zwangsmaßnahmen"

Aufenthalt

  • Organisieren von Anschlussheilbehandlungen (Kur, Reha)
  • Wohnungsumzug organisieren
  • Ummeldung bei Ämtern

Geld / Konto / Immobilien

  • Zugang zu Konten
  • Rechnungen bezahlen
  • Darlehensverpflichtungen nachkommen
  • Verwaltung sämtlicher Vermögenswerte

Post / Behörden / Internet

  • Post entgegennehmen
  • alle Behördenwege
  • Internetaccounts verwalten und löschen
  • Leistungsanträge bei Versicherungen stellen
  • Versicherungen und sonstige Verträge, Abos auflösen

Wer kann bzw. darf in diesen Notfallsituationen für Dich handeln und Entscheidungen treffen?

Die Angehörigen? Ja- wenn Du eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung erstellt hast und die Angehörigen bevollmächtigt sind. Sind diese Dokumente nicht vorhanden wird vom Gericht ein Betreuungsverfahren eröffnet. Sind Angehörige nicht in der Lage wird kostenpflichtig ein Betreuer bestellt.


Die 3 fatalen Glaubenssätze

1. Glaubenssatz: Das betrifft nur die Älteren

Es kann jeden treffen!

Zum Betreuungsfall werden Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr eigenständig regeln können. Behinderungen, physische und psychische Krank­hei­ten und Unfälle können die Ursache dafür sein. Krank­hei­ten und Unfälle können jeden zu jeder Zeit treffen. Und die Zahlen der Altersverteilung von Betreuungsfällen zeigen deutlich: rechtliche Betreuung ist nicht allein ein Phänomen des Alters.

Von Berufsbetreuern betreute Per­sonen:

  • 26,5 % im Alter von 18 – 39 Jahren
  • 47,0 % im Alter von 40 – 69 Jahren
  • 26,5 % 70 Jahre und älter

2. Glaubenssatz: Darum kümmert sich mein Ehepartner

Der große Irrglaube

Ehepartner, Verwandte und Familienangehörige sind nicht zur automatischen Vertretung berechtigt. Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen einen Betreuer (BGB, § 1896 Abs. 1, Satz 1 BGB).

Die Lösung:

Vollmachten: Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten besorgt werden können. (BGB, § 1896 Abs. 2, Satz 2 BGB).

3. Glaubensatz: Dann wird mein Ehepartner halt zum Betreuer bestellt

Vielen Menschen sind die Pflichten eines bestellten Betreuers nicht bekannt. So geraten sie in die „Betreuungsfalle“. Vermögen und Konten werden getrennt. Du musst dem Gericht gegenüber Rechenschaft ablegen, Anträge für Ausgaben stellen und viele Entscheidungen zu Gesundheit und wichtigen Angelegenheiten mit dem Gericht abstimmen. Du kannst nicht selbstbestimmt handeln.

Aufgaben und Pflichten eines Betreuers:

  • der Betreuer/in muss dem Gericht jährlich Rechenschaft ablegen über sämtliche Einnahmen und Ausgaben inkl. Belege (§§ 1840 ff. BGB).
  • Das Gericht überprüft dies und entscheidet, ob die getätigten Ausgaben notwendig waren, um Dich am Leben zu erhalten und Deinen Lebensstandard zu erhalten.
  • Nicht belegbare oder nicht notwendige Ausgaben müssen zurückgezahlt werden.
  • Erstellung eines Vermögensverzeichnisses.
  • Abklärung und Abstimmung von Rehabilitationsmaßnahmen.
  • Gelder, die nicht kurzfristig benötigt werden, müssen „mündelsicher“ angelegt werden. (§§ 1806ff. BGB).
  • Bei gemeinschaftlichen Konten wird häufig deinem Partner/in ein „Taschengeld“ zugewiesen über das er/sie frei verfügen kann.